Mein Taschengeld habe ich Ende der Siebziger Jahre gerne mit Straßenmusik aufgebessert. In der Saison kam es durchaus mehrfach im Monat vor, dass ich mich für zwei Stunden in eine U-Bahn-Unterführung stellte oder noch lieber auf die Kettwiger Straße. Dort stand ich bevorzugt am Horten-Gebäude und schlug die wenigen Akkorde, die ich beherrschte, auf einem Banjo, einer Ukulele oder einer Mandoline an.
Es waren auch immer nur ein halbes Dutzend Lieder, die ich zum Besten geben konnte. Ich war ganz bestimmt kein guter Musiker. Spätestens nach zwanzig Minuten war mein Repertoire erschöpft und ich begann von Neuem. Die vorbei eilenden Münzen werfenden Passanten störte das weniger, wohl aber die Mitarbeiter von Horten. Mehr als ein mal kam es vor, dass ein erboster Weißkragen aus dem Horten-Nebeneingang stürzte, mir erklärte, ich möge doch mit meinen zwei/drei Akkorden woanders hingehen. Und damit ich auch wirklich ging, drückte er mir manchmal einen Fünf- ein andermal einen Zehnmarkschein in die Hand.
Das mit den zwei oder drei Akkorden hatte mich damals wirklich sehr gekränkt, wie gesagt, mit meinen Spielqualitäten war es nicht weit her. Heute bin ich da allerdings viel gelassener, gibt es doch in der Rockgeschichte genügend Beispiele mit zwei Akkorden Geld zu machen. Uriah Heep reichte für »Lady in Black« ein G und ein A, Paul MacCartneys »Mull of Kentyre« kam mit G und D aus. Und mit drei Akkorden konnte man sogar einen Grand Prix gewinnen. Nicole reichten 1982 die drei simplen GDA für »Ein bisschen Frieden«.
Ich war also immer in guter Gesellschaft.