Kategorie: … Mechthild Römer

Favell Lee Mortimer, Die scheußlichsten Länder der Welt

Mrs. Mortimers übellauniger Reiseführer wurde von dem amerikanischen Journalisten Todd Pruzzan wiederentdeckt und schon seine eigene Einführung ist höchst lesenswert. Hier erfahren wir die Lebensgeschichte dieser recht schrulligen Autorin, die nicht nur Reiseliteratur schrieb, sondern auch eine erfolgreiche Kinderbuchautorin war.

Die Reiseberichte stammen aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts und man muss wissen, dass die alte Dame nur zweimal außerhalb ihrer Heimat England unterwegs war.
Die Beschreibungen der Länder sind mit absurden Vorurteilen, aber dafür mit voller Überzeugung geschrieben.
Nur einige Beispiele:
Frankreich – Die Franzosen mögen Eleganz, sind aber nicht besonders sauber.
Spanien – Die Spanier sind nicht nur träge, sie sind auch sehr grausam.
Russland – Die Straßen in Sankt Petersburg sind voller torkelnder und wankender Trunkenbolde.
Bitte vor Antritt Ihrer nächsten Reise lesen!

Favell Lee Mortimer
Die scheußlichsten Länder der Welt
Piper Verlag, € 8,–

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Henning Mankell, Die italienischen Schuhe

Der ehemalige Chirurg Frederik Welin lebt völlig zurückgezogen auf einer Insel in den Schären. Er bewohnt das Haus seiner Großeltern, ein Hund und eine Katze sind seine einzigen Mitbewohner. Einmal in der Woche bekommt Frederik Besuch von Jansson. Er ist der Postbote und die beiden führen immer nur kurze Gespräche. Ansonsten lebt Frederik ganz für sich und hat mit dem Leben abgeschlossen.

In den kalten Jahreszeiten hackt er sich jeden Morgen ein Loch ins Eis und taucht kurz ein, nur so nimmt er seinen Körper noch wahr. An einem dieser Tage, er hat gerade sein Bad beendet, sieht er plötzlich einen Schatten auf sich zukommen. Er erkennt eine Frau und kann sie auch zuordnen: es ist Harriet Hörnfeld. Wir erfahren, dass sie seine große Liebe war, aber die Geschichte liegt bereits vierzig Jahre zurück. Mit dieser Begegnung ändert sich sofort die Grundstimmung des Romans. Der Besuch hat eine ganz bestimmte Bedeutung. Harriet, inzwischen sehr krank, möchte ein Versprechen einfordern und konfrontiert Frederik mit seinem früheren Leben. Für Frederik ändern sich nun seine altgewohnten Lebensumstände und er fühlt sich verantwortlich dieses Versprechen einzulösen. Aber nicht nur Harriet tritt in sein Leben, auch andere Menschen werden nach und nach seine einsame Welt betreten.

Ich fand den Roman spannend und bewegend. Henning Mankell hat die Themen Einsamkeit, Liebe und Auseinandersetzung mit dem Leben, behutsam aufgenommen.

Henning Mankell
Die Italienischen Schuhe
dtv, € 9,95

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Khaled Hosseini, Tausend strahlende Sonnen

In diesem Roman erfahren wir die Geschichte zweier afghanischer Frauen und gleichzeitig bekommen wir einen geschichtlichen und politischen Rückblick Afghanistans der letzten dreißig Jahre.
Mariam, ein uneheliches Kind, wächst bei ihrer Mutter auf. Der Vater, ein wohlhabender Geschäftsmann, kommt nur unregelmäßig zu Besuch. Die Mutter hat als allein erziehende Frau große Probleme und lässt Mariam ihren Unmut deutlich spüren. Das Mädchen wird als Fünfzehnjährige in das ferne Kabul geschickt, um dort einen dreißig Jahre älteren Witwer zu heiraten. Es ist eine lieblose Ehe und dadurch, dass Mariam keine
Kinder bekommt, hat sie abermals eine schwierige Zeit. Zwanzig Jahre später wird Leila, die auch schreckliche Schicksalsschläge erleben musste, von dem gleichen Mann aufgenommen und muss sich den gegebenen Umständen anpassen. Sie bringt zwei Kinder zur Welt. In diese Zeit wird die Taliban-Herrschaft beschrieben und wir bekommen einen Überblick, was dies für die dort lebenden Menschen bedeutet. Bombardierungen, Hunger und physische Gewalt bestimmen den Alltag. Die traurigen Umstände führen dazu, dass Mariam und Leila sich zusammen tun und es entsteht eine wunderbare Freundschaft. Sie teilen sich ihre Hausarbeit und die Erziehung der Kinder. Der Roman zeigt uns, dass Menschen durch die Erfahrung von Krieg und Verlust, ganz nah aneinander rücken und dadurch überlebensnotwendige Stärken entwickeln.

Khaled Hosseini
Tausend strahlende Sonnen
BVT
€ 10,90

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Martina Borger, Lieber Luca

»Lieber Luca« ist ein Briefroman und hat mich sofort fasziniert. Zunächst dachte ich Luca sei der Liebhaber, aber mit jedem Brief erfährt man mehr über den wahren Adressaten.
Simone ist eine Frau um die vierzig. Sie arbeitet in einem Krankenhaus, bei der Anmeldung von Patienten und lebt seit einigen Jahren mit ihrem Freund Frank zusammen. Bei einer Aufräumaktion entdeckt sie eine rote Keksdose und beschließt Briefe zu schreiben und diese dort aufzubewahren. Diese Briefe sind alle an Luca gerichtet. Mit jedem Brief erzählt sie ein wenig mehr von ihrem jetzigen Leben und auch die Hintergründe ihrer Familiengeschichte. Wir erfahren auch, dass Luca ihr Sohn ist und Simone versucht, sich ihm mit diesen Aufzeichnungen zu nähern und um Verständnis ihres Versagens in der Vergangenheit zu bitten.
Ich fand die Geschichte sehr ehrlich und feinfühlig geschrieben. Sicherlich findet mancher Leser in diesen Briefen hilfreiche Denkanstöße für das Leben.

Martina Borger
Lieber Luca
Diogenes Verlag
€ 8,90

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Marcelo Figueras, Kamtschatka

Buenos Aires, kurz nach dem Militärputsch 1976. Ein regimekritischer Anwalt muss mit seiner Familie untertauchen. Was für die Eltern lebensgefährliche Notwendigkeit ist, wird für die beiden Söhne zum grandiosen Abenteuer. Bedrohung und Spiel, Familie und Diktatur bestimmen die Welt der Jungen.

Figueras erzählt aus der Sicht des damals zehnjährigen Sohnes der Familie von Abenteuern und Angst, Zauberkünstlern und Außerirdischen. Nicht der blutige Putsch steht im Mittelpunkt des Romans, sondern die Veränderungen, die sich für die Familie in der Diktatur ergeben. Ein Strategiespiel wird für den Jungen und seinen Vater zum Sinnbild der eigenen Lage – wenn das kleine Land Kamtschatka sich erfolgreich gegen die Übermacht seiner Feinde verteidigt. Die Zärtlichkeit und kindliche Neugier, mit der Figueras den Erfahrungen seines kleinen Helden nachspürt, steht in Kontrast zu dem sich ausbreitenden Terror im Land, »sensibel und voll warmem Humor« (Elke Heidenreich) verwebt er Kinderfragen und Zeithistorie. Ein tragikomischer Roman voll existentieller Kraft.

Der Kinofilm ›Kamtschatka‹, nach dem Drehbuch von Marcelo Figueras, erhielt 2003 den Publikumspreis auf der Berlinale und wurde als bester ausländischer Film für den Oscar nominiert.

Warum mich dieses Buch so fasziniert hat, können Sie Mitte März in der neuen schmitzkatze nachlesen…

Die ersten Seiten können Sie hier… lesen.

Marcelo Figueras, Kamtschatka
dtv
€ 9,90

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Anna Gavalda, Alles Glück kommt nie

Bei dem neuen Roman von Anna Gavalda muss ich zugeben, war der Anfang ziemlich verwirrend, aber letztendlich wurde ich für mein Durchhaltevermögen belohnt.
Der 46-Jährige Architekt Charles hat vieles im Leben erreicht. Beruflich ist er erfolgreich, er hat eine attraktive Lebensgefährtin und eine quirlige Stieftochter.
Sein Leben ändert sich schlagartig, als er von seinem Schulfreund die Nachricht erhält: »Anouk ist tot«. Mit dieser Kurzmitteilung beginnt die Wendung des Romans. Wir Leser erfahren rückblickend eine außergewöhnliche Familiengeschichte, wir werden mit den einzelnen Hauptpersonen konfrontiert und nehmen an der kompletten Neugestaltung von Charles lebens teil.
Der Einstieg des Romans war etwas schwierig, aber dann hat mich der Erzählstil und die spannende Entwicklung der Geschichte wirklich überzeugt.
Anna Gavalda hat die wunderbare Begabung den Leser an ihre Figuren heranzuführen.
Bitte unbedingt lesen und verschenken.

Mehr über Anna Gavalda und ihr neuestes Buch finden Sie hier: Anna Gavalda

Anna Gavalda
Alles Glück kommt nie
608 Seiten
Hanser Verlag
€ 24,90

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Carlos Ruiz Zafón, Das Spiel des Engels

Der neue Roman von Carlos Ruiz Zafón wurde lange erwartet und mich hat er schon gleich am Anfang in seinen Bann gezogen.

Barcelona vor dem Bürgerkrieg: Im Mittelpunkt steht David Martin. David hat eine schwere Kindheit hinter sich und arbeitet zunächst als Laufbursche bei einer Zeitung. Relativ schnell wird seine Fähigkeit des Schreibens von unterschiedlichen Leuten entdeckt und auch ausgenutzt. Besonders der geheimnisvolle Verleger Andreas Corelli lockt David mit einem vielversprechendem Angebot. Damit beginnt der spannende Teil des Romans. Die historischen Hintergründe, die einzelnen Charaktere und die wunderbare Sprache fügen sich zu einem wirklich besonderen Roman zusammen.

Natürlich wird dieser Roman mit seinem Vorgänger »Schatten des Windes« verglichen. Egal, ich habe den Roman verschlungen und empfehle ihn sehr gerne und werde ihn Weihnachten an ein paar liebe Freunde verschenken.

Eine Leseprobe finden Sie hier: Das Spiel des Engels

Carlos Ruiz Zafón
Das Spiel des Engels
720 Seiten
Fischer Verlag
€ 24,95

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