Jüdisches Museum, Berlin an einem gewöhnlichen Tag im Jahr. Links der barocke Altbau, das herkömmliche Museum. Rechts der imposante Neubau von Daniel Liebeskind. Fünf »Leerräume«, um »das nicht mehr existierende jüdische Leben nach dem Holocaust darzustellen«. Was abstrakt klingt, ist sehr beeindruckend.
Diese riesigen Räume sind aus nacktem Beton, nicht klimatisiert und kommen nahezu ohne künstliches Licht aus. Ich bewege mich auf diese Räume zu und vernehme im hinteren Teil Geräusche, als wenn in einer Großküche mit Tellern geklappert wird. Ich folge dem Lärm und gelange zu einer Installation die der israelische Künstler Menashe Kadishman »Gefallenes Laub« nennt. Es sind tausende und abertausende runder Eisenplatten, aus denen Gesichter hinausgeschnitten wurden. Der Künstler erlaubt ausdrücklich – so steht es auf einer Info-Tafel – das sprichwörtliche Betreten des Kunstwerkes. Viele Menschen machen davon Gebrauch und verursachen einen Krach, der weh tut. Ich schaue mir die einzelnen Eisenplatten näher an: gequälte Gesichter, geschundene Kreaturen, geschlagene Seelen. Und die soll ich mit Füßen treten, nur weil ein Schild mir sagt, ich dürfe das?
Ich entscheide mich, wieder zu gehen, schweigend und betroffen.